Anne Collins, Ex-Christin, USA
Ich bin in einer christlicher Familie aufgewachsen. Zu jener Zeit waren Amerikaner religiöser als sie es heute sind – die meisten Familien gingen beispielsweise jeden Sonntag zur Kirche. Meine Eltern waren in der Kirchengemeinde involviert. Bei uns waren oft Pfarrer (Protestantische “Priester”) zu Hause. Meine Mutter lehrte in der Sonntagsschule und ich half ihr.
Ich muss religiöser als andere Kinder gewesen sein, obwohl ich mich daran nicht mehr so gut erinnern kann. An einem Geburtstag schenkte mir meine Tante eine Bibel und meiner Schwester eine Puppe. Ein anderes Mal bat ich meine Eltern um ein Gebetsbuch, und ich las es jahrelang täglich.
Als ich an der Junior High School (Mittelschule) war, nahm ich zwei Jahre lang an einem Bibelstudienprogramm teil. Bis zu diesem Punkt hatte ich einige Teile der Bibel gelesen, sie aber nicht besonders gut verstanden. Jetzt hatte ich die Chance zu lernen. Unglücklicherweise studierten wird viele Passagen des Alten und Neuen Testaments, die ich unerklärbar, sogar wunderlich fand. Zum Beispiel lehrt die Bibel eine Vorstellung, die als Erbsünde bezeichnet wird, was bedeutet, dass alle Menschen mit Sünden geboren werden. Ich hatte ein kleinen Bruder, und ich wusste, dass Babys keine Sünden haben. Die Bibel enthält sehr seltsame und beunruhigende Geschichten über den Propheten Abraham und den Propheten David beispielsweise. Ich konnte nicht verstehen, wie Propheten sich so verhalten konnten, wie die Bibel es von ihnen erzählt. Es gab noch viele andere Dinge in der Bibel, die mich beschäftigten, aber ich stellte keine Fragen. Ich fürchtete mich, zu fragen – ich wollte als “good girl” bekannt sein. Al-hamdulillah (Gepriesen sei Gott), da war ein Junge, der immer fragte.
Die kritischste Angelegenheit war die Vorstellung von der Trinität. Ich konnte sie nicht begreifen. Wie konnte Gott drei Teile haben, von denen eines menschlich war? Nachdem ich an der Schule griechische und römische Mythologie studiert hatte, dachte ich, die Vorstellung von der Trinität und den mächtigen menschlichen Heiligen sei der griechischen und römischen Vorstellung sehr ähnlich, verschiedene sogenannte „Götter“ für alle Bereiche des Lebens zu haben. (Astaghfir-Ullah!) (O Allah vergib mir!) Der Junge, der fragte, stellte viele Fragen über Trinität, erhielt viele Antworten und war nie zufrieden. Genau wie ich. Schließlich sagte ihm unser Lehrer, ein Professor der Theologie von der Universität Michigan, er solle um Glauben beten.
Ich betete.
Als ich in der High School war, wollte ich insgeheim eine Nonne werden. Ich wurde von der Vorstellung angezogen, zu festen Tageszeiten Andachten zu halten, ein Gott ergebenes Leben zu führen, und mich auf eine Art zu kleiden, die meine religiöse Lebensweise zeigte. Ein Hindernis war allerdings, dass ich nicht einmal katholisch war. Ich lebte in einer Stadt im mittleren Westen, in der Katholiken deutlich anders waren und eine unpopuläre Minderheit darstellten. Außerdem hatte meine religiöse Erziehung mir eine Abneigung gegen religiöse Statuen eingeflößt und einen gesunden Unglauben daran, dass tote Heilige eine Fähigkeit hätten, mir zu helfen.
Im Kollege dachte ich weiter nach und betete. Studenten reden und diskutieren häufig über Religion und so hörte ich viele unterschiedliche Meinungen. Wie Yusuf Islam (Cat Stevens) studierte ich die sogenannten östlichen Religionen: Buddhismus, Konfuzianismus und Hinduismus. Nichts.
Ich traf einen Muslim aus Libyen, der mir ein wenig über den Islam und den Heiligen Qur´an erzählte. Er sagte mir, dass der Islam die moderne, aufgefrischte Form der Offenbarungsreligion ist. Wenn ich an Afrika und den Mittleren Osten als zurück gebliebene Orte dachte, konnte ich mir den Islam nicht als modern vorstellen. Meine Familie nahm diesen libanesischen Bruder mit zum Christgottesdienst. Der Gottesdienst war atemberaubend schön, aber am Ende fragte er: “Wer hat diese Prozedur gemacht? Wer lehrte euch, wann ihr stehen, euch verbeugen oder knien sollt? Wer lehrte euch das Beten?” Ich erzählte ihm von der Geschichte der frühen Kirche, aber seine Frage machte mich zuerst ärgerlich, dann aber ließ sie mich nachdenken.
Waren die Menschen, die den Gottesdienst so eingeführt haben, wirklich dazu qualifiziert gewesen? Woher hatten sie gewusst, welche Form der Gottesdienst haben sollte? Hatten sie göttliche Anweisungen erhalten?
Ich wusste, dass ich an viele der Lehren des Christentums nicht glauben konnte, aber ich ging weiterhin die Kirche. Wenn die Gemeinde Dinge rezitierte, die ich für blasphemisch hielt, wie das Nicäa Glaubensbekenntnis, blieb ich still – ich rezitierte es nicht. Ich fühlte mich fast wie eine Außerirdische, wenigstens wie eine Fremde in der Kirche. Ich wusste, dass ich an viele Lehren des Christentums nicht glaubte, aber ich ging weiter zur Kirche.
Horror! Jemand, der mir sehr nahe stand, hatte schlimme Eheprobleme und ging zum Kurator der Kirche, um seinen Rat einzuholen. Ihre Schmerzen und ihren Selbsthass ausnutzend, nahm er sie mit in ein Motel und verführte sie.
Bis zu diesem Punkt hatte ich nicht sorgfältig über die Rolle des Klerus im christlichen Leben nachgedacht. Jetzt musste ich. Die meisten Christen glauben, dass Vergebung durch die “Heilige Kommunion” erzielt wird und dass dieser Gottesdienst von einem geweihten Priester oder Pfarrer abgehalten werden muss. Kein Pfarrer, keine Absolution.
Ich ging wieder zur Kirche und saß und sah mir diese Pfarrer von vorn an. Sie waren nicht besser als die Gemeinde – manche waren schlimmer. Wie konnte es sein, dass der Vermittler des Menschen, eines jeden menschlichen Wesens, für die Kommunion mit Gott notwendig ist? Warum konnte ich nicht direkt mit Gott kommunizieren und Seine Absolution direkt erhalten?
Bald darauf, fand ich eine Übersetzung des Qur´an in einem Buchladen, kaufte ihn und begann darin zu lesen. Ich las darin, stoppte und las wieder, acht Jahre lang. Während dieser Zeit erforschte ich noch andere Religionen. Ich wurde mir immer mehr meiner Sünden bewusst und fürchtete mich. Wie konnte ich wissen, ob Gott mir vergeben wird? Ich glaubte nicht länger an das christliche Modell, die christliche Art der Vergebung. Meine Sünden lasteten schwer auf mir, und ich wusste nicht, wie ich diese Belastung loswerden konnte. Ich sehnte mich nach Vergebung.
Ich las im Qur´an:
“…Sicherlich findest du, dass unter allen Menschen die Juden und die Götzendiener die erbittertsten Gegner der Gläubigen sind. Und du wirst zweifellos finden, dass die, welche sagen: "Wir sind Christen" den Gläubigen am freundlichsten gegenüberstehen. Dies (ist so), weil es unter ihnen Priester und Mönche gibt und weil sie nicht hochmütig sind. Und wenn sie hören, was zu dem Gesandten herab gesandt worden ist, siehst du ihre Augen von Tränen überfließen ob der Wahrheit, die sie erkannt haben. Sie sagen: "Unser Herr, wir glauben, so schreibe uns unter die Bezeugenden. Und weshalb sollten wir nicht an Allah glauben und an die Wahrheit, die zu uns gekommen ist, wo wir innig wünschen, dass unser Herr uns zu den Rechtschaffenen zählen möge?” (Quran 5:82-84)
Ich sah in den Fernsehnachrichten Muslime, die beten, und ich wollte lernen, wie es geht. Ich fand ein Buch (von einem Nicht-Muslim) das es beschrieb, und ich probierte es aus. (Ich wusste nichts von Tahara – ritueller Reinheit – und ich betete nicht korrekt). Ich betete auf meine eigene seltsame, verzweifelte Art und Weise, heimlich und allein, mehrere Jahre lang. Ich lernte ein paar Abschnitte aus dem Qur´an auf englisch, ich wusste ja nicht, dass Muslime den Qur´an auf arabisch auswendig lernen.
Nachdem ich acht Jahre im Qur´an gelesen hatte, fand ich schließlich folgenden Vers:.
“Heute habe Ich euch eure Religion vervollkommnet und Meine Gnade an euch vollendet und euch den Islam zum Glauben erwählt.” (Quran 5:3)
Ich weinte vor Freude, den ich wusste, vor langer Zeit, vor der Schöpfung der Erde, hatte Gott diesen Qur´an für mich und andere geschrieben. Gott hatte gewusst, dass Anne Collins, in Cheektowaga, NY, USA, diesen Vers des Qur´an im Mai 1986 lesen würde und gerettet sein wird.
Nun wusste ich, dass es viele Dine gab, die ich lernen musste, zum Beispiel, wie man das tägliche Gebet verrichtet. Das Problem war, dass ich überhaupt keine Muslime kannte.
Muslime sieht man jetzt mehr in den US als damals. Ich wusste nicht, wo ich welche finden konnte. Ich fand im Telefonbuch die Nummer einer Islamischen Gemeinschaft und ich wählte sie; als aber ein Mann antwortete, bekam ich Panik und legte auf. Was sollte ich sagen? Wie würden sie mir antworten? Würden sie misstrauisch sein? Warum sollten sie mich wollen, wo sie doch einander und den Islam hatten?
In den kommenden Monaten rief ich einige Male bei der Moschee an, und jedes Mal bekam ich Panik und legte wieder auf. Schließlich schrieb ich feige einen Brief und bat um Informationen. Der nette, geduldige Bruder von der Moschee rief mich an, und dann fing er an, mir Broschüren über den Islam zu schicken. Ich teilte ihm mit, dass ich ein Muslim werden wollte, aber er riet mir: „Warte, bis du dir sicher bist“. Das regte mich auf, dass er sagte, ich solle warten, aber ich wusste, er hatte recht damit, dass ich mir sicher sein müsse, denn wenn ich erst einmal den Islam angenommen hatte, wird nichts mehr so sein wie früher.
Ich wurde wie besessen vom Islam. Ich dachte Tag und Nacht daran. Bei verschiedenen Gelegenheiten fuhr ich zur Moschee (zu jener Zeit war es ein altes, umgebautes Haus) und umkreiste sie mehrere Male in der Hoffnung, einen Muslim zu sehen, und ich fragte mich, wie es drinnen aussah. An einem Novembertag 1986, als ich in der Küche arbeitete, wusste ich endlich genau, dass ich Muslim war. Immer noch ein Feigling schickte ich der Moschee einen Brief. Darin stand: “Ich glaube an Allah (Gott), den Einen Wahren Gott, ich glaube, dass Muhammad Sein Gesandter gewesen ist und ich möchte zu den Zeugen gehören.”
Der Bruder rief mich am nächsten Tag an, und ich sprach meine Schahadah[1] am Telefon mit ihm aus. Er erklärte mir dann, dass Gott mir in diesem Augenblick alle meine Sünden vergeben hat und dass ich nun rein sei, wie ein neugeborenes Baby.
Ich fühlte die Last der Sünden von meinen Schultern gleiten, und ich weinte vor Freude. In der Nacht schlief ich nur wenig, weinte und wiederholte Gottes Namen.
Die Vergebung ist gewährt worden. Alhamdulillah!
Footnotes:
[1] Das Bekenntnis, das jemand ausspricht, wenn er den Islam annimmt (und viele Male an jedem Tag: Ich bezeuge, dass es keine Gottheit gibt außer Gott und ich bezeuge, dass Muhammad, Gottes Segen und Frieden seien auf ihm, ein Gesandter Gottes ist.