11.DIE WIRKLICHKEIT DES GLAUBENS(1/11)


Dr. Aḥmad ’Ibn ‘Abd-’r-Raḥmān al-Qāḍī

1. Der Glaube besteht aus Bekenntnissen und Taten: 

Er lässt sich in den Bekenntnissen des Herzens und der Zunge und in den Taten des Herzens, der Zunge und des Körpers erkennen.

• Das Bekenntnis mit dem Herzen besteht aus der Überzeugung, der Bestätigung und der inneren Annahme des Glaubens.

• Das Bekenntnis mit der Zunge ist das Aussprechen des Glaubensbekenntnisses und die Bekanntgabe davon.

• Als Taten des Herzens werden Absicht und Wille, Liebe, Angst, Hoffnung sowie das Vertrauen auf Aḷḷāh bezeichnet.
 Die Taten der Zunge umfassen alles, was sie ausspricht, seien es das verbale Gedenken Aḷḷāhs (Ḏikr), Bittgebete (Duʽā’) oder die Rezitation des Qur’ān (Tilāwah).

• Die Taten des Körpers sind alles, was man mit dem Körper tut, wie z. B. die physischen Gottesdienste.
Aḷḷāh sagt:

„Die (wahren) Gläubigen sind ja diejenigen, deren Herzen sich vor Ehrfurcht regen, wenn Aḷḷāhs gedacht wird, und die, wenn ihnen Seine Zeichen verlesen werden, es ihren Glauben mehrt, und die sich auf ihren Herrn verlassen, die das Gebet verrichten und von dem, womit Wir sie versorgt haben, ausgeben. Das sind die wahren Gläubigen. Für sie gibt es bei ihrem Herrn Rangstufen und Vergebung und ehrenvolle Versorgung“

(8:2-4)

und:

„Die (wahren) Gläubigen sind ja diejenigen, die an Aḷḷāh und Seinen Gesandten glauben und hierauf nicht zweifeln und sich mit ihrem Besitz und mit ihrer eigenen Person auf Aḷḷāhs Weg abmühen. Das sind die Wahrhaftigen.“

(49:15)

Der Prophet - Aḷḷāhs Segen und Heil auf ihm - sagte:

„Der Glaube besteht aus gut siebzig – oder: gut sechzig – Zweigen. Der oberste ist das Bezeugen, dass es keinen Gott außer Aḷḷāh gibt, und der unterste ist die Beseitigung von Schädlichem auf dem Weg. Und die Schamhaftigkeit ist ein Zweig des Glaubens.“

Al-Buḫāriyy (Nr. 9) und von Muslim (Nr. 35); berichtet von Abū Hurayrah, Aḷḷāhs Wohlgefallen auf ihm.

Der wahrhaftige Glaube ist demnach zusammengesetzt aus Aussagen und Taten. Mit anderen Worten: Er ist ein Bekenntnis, das zwingend Aussagen und Taten nach sich zieht. Deren Fehlen weist auf das Fehlen der Verinnerlichung des Glaubens hin.

2. Wird der Begriff „Glaube“ separat erwähnt, 

ist er ein Synonym für „ʼIslām“;beide meinen die Religion insgesamt. Werden sie zusammen genannt, steht
„Glaube“ (Īmān) für den inneren Glauben und „Islam“ für die äußeren Taten.Daraus folgt, dass jeder Gläubige ein Muslim, während nicht jeder Muslim ein Gläubiger ist. Aḷḷāh sagt:

„Die Wüstenaraber sagen: „Wir glauben.“ Sag: Ihr glaubt nicht (wirklich), sondern sagt: „Wir sind Muslime geworden“, denn der Glaube ist noch nicht in eure Herzen eingezogen. Wenn ihr aber Aḷḷāh und Seinem Gesandten gehorcht, verringert Er euch nichts von euren Werken. Gewiss, Aḷḷāh ist Allvergebend und Barmherzig.“

(49:14)

3. Der Glaube nimmt zu und ab: 

Er nimmt zu, je besser man Aḷḷāh kennt, je mehr Gedanken man sich über Seine Wunder im Universum macht und über
Seine Zeichen in der islamischen Gesetzgebung nachdenkt, je gewissenhafter man Gebote erfüllt und Sünden vermeidet. Auf der anderen Seite nimmt der Glaube ab, je weniger man Aḷḷāh kennt, je mehr man Seine Wunder im Universum übersieht, sich von Seinen religiösen Zeichen abwendet, Gebote außer Acht lässt und Sünden begeht. Aḷḷāh sagt:

„und die, wenn ihnen Seine Zeichen verlesen werden, es ihren Glauben mehrt“

(8:2)

sowie:

„Was nun diejenigen angeht, die glauben, so hat sie ihren Glauben vermehrt, und sie freuen sich über die frohe Botschaft.“

(9:124)

und:

„Er ist es, der die innere Ruhe in die Herzen der Gläubigen herabgesandt hat, damit sie in ihrem Glauben noch an Glauben zunehmen.“

(48:4)

4. Die Aspekte des Glaubens haben verschiedene Stufen: 

Einige seiner Bestandteile sind höhergestellt als andere, wie der oben zitierte Ḥadīṯ beweist, in dem der Prophet - Aḷḷāhs Segen und Heil auf ihm - sagte:

„Der Glaube besteht aus gut siebzig – oder gut sechzig – Zweigen. Der oberste ist das Bezeugen, dass es keinen Gott außer Aḷḷāh gibt, und der unterste ist die Beseitigung von Schädlichem auf dem Weg. Und die Schamhaftigkeit ist ein Zweig des Glaubens.“

Al-Buḫāriyy (Nr. 9) Muslim (Nr. 35); berichtet von Abū Hurayrah, Aḷḷāhs Wohlgefallen auf ihm

5. Die Gläubigen sind unterschiedlich stark in ihrem Glauben: 

Bei einigen ist der Glaube vollkommener als bei anderen, wie Aḷḷāh sagt:

„Hierauf gaben Wir das Buch denjenigen von Unseren Dienern, die Wir auserwählten, zum Erbe. Mancher von ihnen tut sich selbst Unrecht, mancher von ihnen zeigt ein gemäßigtes Verhalten, und mancher von ihnen geht mit den guten Dingen mit Aḷḷāhs Erlaubnis voran. Das ist die große Huld.“

(35:32)

Und der Prophet - Aḷḷāhs Segen und Heil auf ihm - sagte:

„Der Vollkommenste unter den Gläubigen ist der mit den besten Manieren.“

Aḥmad (Nr. 7402), Abū Dāwūd (Nr. 4682) und at-Tirmiḏiyy (Nr. 1162), berichtet von Abū Hurayrah, Aḷḷāhs Wohlgefallen auf ihm.

Wer das Glaubensbekenntnis ausspricht, im aufrichtigen Glauben an seine Bedeutung, die daraus folgenden Pflichten auf sich nehmend, der hat die Grundlage des Glaubens erreicht. Wer sodann die Gebote befolgt und die Verbote einhält, hat in seinem Glauben erreicht, was vorgeschrieben ist. Wer aber nebst der Befolgung der Gebote auch Erwünschtes vollbringt und nicht nur
die Verbote einhält, sondern sich auch von Verabscheutem fernhält, der hat den vollständigen Glauben erreicht.

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